Klostermann-Projekt bringt Schüler aus Tschechien und Bayern zusammen

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Karl/Karel Klostermann, der als Sohn deutschstämmiger Eltern in tschechischer Sprache unter anderem Romane über unsere Mittelgebrigsregion des Böhmerwalds schrieb, setzte sich schon vor mehr als 100 Jahren für die Verständigung zwischen der Bevölkerung dieser beiden Länder ein. In jungen Jahren verbrachte Klostermann seine Sommerferien oft in Schlösselwald, einer Streusiedlung in der Näher der Ortschaft Srni/Rehberg nahe der Grenze zu Bayern. Dort werden auch für heutige Besucher noch viele Schauplätze seiner Romane direkt erlebbar.

Die Klasse 9C der Realschule in Regen hat vor einiger Zeit durch ein gemeinsames, durch den Böhmerwald inspiriertes Sterzessen mit Ossi Heindl, der als Krimiautor ebenfalls Karl Klostermann für sich und seine Werke entdeckt hat, und eigene Recherchen einen Einblick in das Alltagsleben der Zeit des Dichters bekommen. Dabei wurde das Interesse der Jugendlichen an dem Dichter und vor allem an den Lebensumständen der damals lebenden Personen weiter gestärkt. Somit stand nun folgerichtig als nächster Schritt ein Besuch der Originalschauplätze in Tschechien zusammen mit den Schülerinnen und Schülern der Partnerschule aus Horažďovice an.

Am ersten Tag wurde zum besseren Kennenlernen eine gemeinsame Kanufahrt auf der von Klostermann oft beschriebenen Ottawa unternommen, die dann am Schulort der tschechischen Schüler endete. Dabei waren auch schon gegenseitiges Helfen und Teamfähigkeit in zum Teil länderübergreifenden Booten gefragt. Nach einem gemeinsamen Mittagessen in der Partnerschule wurde dann in Gesprächen der nächste Tag vorbereitet, der dem Kern des Projekts, der Erstellung von Videomaterial für einen interaktiven Wanderweg, dienen sollte.

Nach einem Transfer nach Antýgl/Antigl, wo es noch einen alten künischen Freibauernhof aus Klostermanns Jugendzeit zu besichtigen gibt, schlugen die Regener dann vor Ort auf dem Campingplatz ihre Zelte auf, versorgten sich selbst am Lagerfeuer und besprachen den Ablauf des nächsten Tages. Dabei waren oft Fertigkeiten gefragt, die für Jugendliche in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich sind und die sehr positiv auf das Gemeinschaftsgefühl und das Soziale der Gruppe wirken und – was am Wichtigsten ist – natürlich auch jede Menge Spaß machen.

Nach dem gemeinsamen Frühstück wurde dann am nächsten Tag an verschiedenen Stationen eines etwa fünf Kilometer langen Wanderwegs tschechische und deutsche Erklärvideos gedreht. Diese beschreiben Örtlichkeiten wie z.B. das Steinerne Haus, in dem Klostermann seine Urlaube verbrachte oder auch den Chinitz-Tettauer Schwemmkanal, der um 1800 vor Ort zum Holztransport, einer wichtigen Lebensgrundlage der damaligen Bevölkerung, angelegt wurde. Dieser stellt eine Umleitung des wilden, stark durch eindrucksvolle Felsen verblockten Vydra/Widra-Tals dar, die die Hauptkulisse des zukünftigen Wanderwegs bildet.

Dieser wird dann später mit einer kostenlosen App-Begleitung zu begehen sein. Nach dem Scannen einer QR-Codes lernt man so bei dieser Runde die Sehenswürdigkeiten durch die Schülervideos kennen. Am Ende kann man dann auf einem virtuellen schwarzen Brett eigene Fotos von seinen Eindrücken und Erlebnisse auf dem Weg hochladen.

So erhoffen sich beide Schulen, dass sie erfahren, was andere über diese Gegend und den Dichter denken, wie der Wanderweg ankommt und ob er die Zielgruppe auch erreicht, die komplizierterweise im jugendlichen Altersbereich liegt, die für die angesprochenen Themen wahrscheinlich eher schwer zu erreichen ist.

Um dieses erkannte Problem zu lösen, haben die Schülerinnen und Schüler die Idee aufgegriffen, einen kleinen Roman zu schreiben, der einen fiktiven Karel Klostermann in ihrem Alter von 15 Jahren zum Protagonisten wählt. Dieser Roman spielt an den Orten, die die Eckpunkte der Wanderung bilden. Damit wird auch ein Punkt aufgegriffen, der viele Leser der originalen Klostermannromane so fasziniert: Die Erlebbarkeit bei uns in der Nähe.

Hilfe beim Schreiben erhalten die Schülerinnen und Schüler dazu von einer Künstlichen Intelligenz, die den Prozess stark unterstützt und mit dem geplanten Plott (Szenenablauf) des Romans „gefüttert“ wird. Dann kann man Szenen ausformulieren lassen, die dann natürlich weiter überarbeitet und umgeschrieben werden müssen.

Somit wird die Wanderung im Optimalfall nicht nur zum Besuch historischer Orte, sondern zu einer Zeitreise mit einer Person, in die man sich zumindest altersmäßig hineinversetzen kann und mit der man mitfiebern kann.

Die damit verbundene Hoffnung ist, Klostermann und die Gegend auch besser für jüngere Leute zu erschließen. Ob dies gelingt, wird sich zeigen, wenn der Wanderweg im Herbst fertig ist. Bis dahin müssen die gedrehten Videos geschnitten und der Roman fertig geschrieben und ins Tschechische übersetzt werden.

Die hinter dem Projekt steckenden völkerverbindende Idee, die Klostermann selbst auch schon nicht ruhen ließ, hat den Bewertern der Europäischen Union so gut gefallen, dass die Kosten der Unternehmung vom „Erasmus+“-Programm komplett übernommen wurden und die Schülergruppen aus Tschechien und Bayern so wahrlich an diesem Projekt zusammenwachsen konnten.