Essen wie zu Klostermanns Zeiten

Ossi Heindl hilft Realschule bei der Vorbereitung eines Projekts mit Tschechien

Oftmals ist gerade die ältere Literatur für Jugendliche der heutigen Zeit örtlich und auch zeitlich sehr weit weg. Im Bayerischen Wald ist es deshalb nicht ganz so einfach wie in größeren Städten literarischen Stoff zu finden, der an die Lebenswelt der Lernenden vor Ort anknüpft. Das macht es schwer, sich in die Lebensumstände, Sorgen und Nöte der Protagonisten der jeweiligen Stücke hinein zu versetzen.

Eine willkommene Ausnahme eröffnet daher der Schriftsteller und Realschullehrer, Karl beziehungsweise Karel Klostermann, der als Kind deutscher Eltern viel Zeit im Böhmerwald verbracht hat und aus diesem Grund durch verschiedene Erzählungen sehr nah am Alltagsleben der Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze war. Der vor allem auf tschechischer Seite bekannte Böhmerwaldautor findet seit der Grenzöffnung auch bei uns nach und nach immer mehr Leser.

Die Siegfried-von-Vegesack-Realschule in Regen hat durch eine Initiative von Martina Engelmaierová aus dem Programm „Ein Jahr an der Grenze“ des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds seit kurzem Kontakt zu einer Schule in der tschechischen Stadt Horažďovice und möchte in Zukunft stärker mit dieser zusammenarbeiten. Lehrkräfte beider Schulen waren sich schnell darin einig, dass Klostermann ein idealer Ansatz zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit wäre. Bei der nachfolgenden Recherche stieß man dann auf den Klostermannverein, der sowohl im Bayerwald als auch auf tschechischen Seite aktiv ist. Gründungsmitglied Ossi Heindl erklärte sich schnell bereit, einer neunten Klasse seine Faszination für diesen Autor näher zu bringen.

Dies geschah bei einer von Lehrerin Margit Schiller mit der Klasse 7D vorbereiteten typischen Mahlzeit, die auch Karl Klostermann zu seiner Zeit gegessen haben könnte. Bei einem Sterz führte der Gast dann in das Leben und Werk des Dichters ein. Durch seine anschaulichen Erzählungen wurde der Klasse schnell klar, dass die Menschen, die früher in unserer Region gelebt haben, gar nicht so weit von unseren Zeitumständen entfernt sind, ja sogar die gleichen Probleme hatten. So thematisierte der ehemalige Deutschlehrer und inzwischen passionierte Krimiautor einen bei Klostermann beschriebenen Jahrhundertsturm, der im Jahre 1870 zu großen Veränderungen in der Region rund um den Rachel und Lusen führte. Der Umgang mit der darauf folgenden Borkenkäferplage erinnert in Teilen augenfällig an die heutige Zeit. Auch der Riese Rankl Sepp, der in verschiedenen Werken Klostermanns eine Rolle spielt und von dem auch ein Foto existiert, wurde in seiner bescheidenen Art auch als moralische Instanz in der Zeit des plötzlichen Reichtums, der auf die Borkenkäferplage folgte, lebensecht beschrieben.

Bedingt durch die Authentizität dieser Erzählungen kamen die Realschülerinnen und Realschüler ihrem Ziel näher, mehr über den Autor und sein Werk zu erfahren, um für das eigentliche Projekt in Tschechien bereit zu sein, bei dem ein interaktiver, zweisprachiger Wanderweg über die jugendliche Sicht auf den Dichter in der Gegend von Schlösselwald entstehen soll. Auf jeden Fall sprach der Vormittag mit dem Klostermannfan Ossi Heindl viele Sinne an und schaffte es so, ein Stück Literatur nah an die Lebenswelt der heutigen Jugendlichen zu bringen.