Umgestaltung von Lernorten als Gemeinschaftsprojekt

Schulziele wandeln sich als Reaktion auf Veränderungen der Zeit

Viele Schulen finden in der Zeit nach den belastenden Coronamonaten langsam zur Normalität zurück und sehen nun die Auswirkungen dieser Zeit auf die Schülerinnen und Schüler deutlicher als zuvor. Während man den rasch sichtbar werdenden Wissens- und Kompetenzlücken mit dem massiven Hochfahren von Digitalisierungsmaßnahmen begegnete und zusätzlichen Förderunterricht anbot, trat langsam eine zweite Problematik auf die Bildfläche: der starke Rückgang an Sozialkontakten in der Coronazeit und die Auswirkungen davon.

Manche Lernende haben größere Schwierigkeiten als vorher, sich in Gruppen einzufügen oder auf andere Rücksicht zu nehmen. Andere, vor allem in den unteren Klassen, wiederum haben anscheinend die Motivation zum Lernen verloren, weil Routinen fehlen oder die so notwendige Anerkennung der eigenen Leistung durch Lehrkräfte oder Eltern während der Coronazeit stark reduziert sein musste. Anerkennung, die echt und persönlich sein muss und bei der zwischengeschaltete digitale Medien eher eine Erschwernis als eine Erleichterung darstellen.

Diese grundlegenden Probleme, die aber oft zwingende Voraussetzungen für die schulische Leistungsfähigkeit sind, werden daher an einigen Schulen nun verstärkt in den Blick genommen, was auch zu einer Anpassung der Ziele von Schule führen kann: Schule müsste wieder mehr zu einem Ort der Gemeinschaft, des gegenseitigen Helfens und des gemeinsamen Lernens und Lebens werden. Zu diesem Schluss kam auch die Realschule Regen bei internen Gesprächen und beim Austausch mit ihren Partnerschulen im „Erasmus+“-Programm aus Dänemark und Finnland, die von ganz ähnlichen Erfahrungen berichten.

Nach längeren Überlegungen auch in Form eines pädagogischen Tags der Lehrerschaft, kam immer mehr die Überzeugung auf, dass das Wohlfühlen und Anerkanntwerden des Einzelnen ein entscheidender Faktor ist, der diesen veränderten Zielen rasch Rechnung tragen kann. Fühlt man sich wohler, kann man besser kommunizieren, ist offener für andere und tauscht sich somit mehr aus, die positiven Sozialkontakte nehmen also zu.

Aus diesem Grund arbeitet die Schulgemeinschaft der Siegfried-von-Vegesack-Realschule gerade an der Umgestaltung verschiedener Bereiche ihrer Bildungseinrichtung zu Orten, an denen man sich gerne aufhält, sich aber auch entspannen, zurückziehen oder ins Gespräch kommen kann.

Dabei wurden Anregungen von Seiten der Schülervertretung aufgenommen und gemeinsam von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, der Schulleitung und dem Hauspersonal in die Tat umgesetzt. Bequeme Sitzgelegenheiten wurden angeschafft und gemeinsam zusammengebaut. So gibt es nun Sitzliegen und Sitzsäcke in verschiedenen Bereichen. Auch zwei Strandkörbe fanden ihren Weg aus Nordddeutschland in die Aula. Alles Ausstattungsgegenstände, die multifunktional sind, d.h. die sich sowohl als Lern- als auch als Kommunikations- und Entspannungsort eignen. Zudem machen verschiedene Dekorationen die Schule auch zu einem optisch angenehmeren Ort. Eine englische Telefonzelle dient nun beispielsweise als Bücherdepot und neben der Schülerbücherei als weitere Einladung, ein Buch in die Hand zu nehmen.

Außerdem wird gerade ein so genannter Makerspace eingerichtet, ein Raum, der kreatives Problemlösen für Gruppen von Schülerinnen und Schülern ermöglichen soll. Im Zentrum steht dabei eine Problemstellung, für die es viele mögliche Lösungsmöglichkeiten geben kann. Diese werden dann meist als Produkt tatsächlich hergestellt. Der Makerspace liefert die Einrichtung in Form von verschiedenen modernen Geräten wie einem Lasercutter, Laptops oder 3D-Druckern, um die Lernenden bei der Umsetzung ihrer vielfältigen Ideen unterstützen zu können. Doch auch traditionelle Techniken wie die Arbeit mit Textilien, Holz, Papier oder Ton spielen eine mögliche Rolle und Fehler sind dabei ausdrücklich erwünscht und Mittelpunkt des Lernprozesses.

Ein Lernprozess der dabei aber nicht auf Schülerseite bleibt, sondern auch den Lehrkräften neue Erkenntnisse bietet: Schon in der Zeit des Aufbaus der verschiedenen Gegenstände wurde deutlich, dass das gemeinsame Anpacken bisher unentdeckte Talente sichtbar macht und das Verhältnis der verschiedenen Mitglieder der Schulfamilie zueinander positiv verändern kann.

Die Hoffnung für die Zukunft ist dabei, dass die Schule mehr und mehr zu einem Ort wird, an dem man sich wohlfühlt, der Gelegenheit zum Austausch bietet und einlädt, dort mehr Zeit gemeinsam zu verbringen. Eine erste Auswirkung zeigt sich bereits: Der Müll, der tagsüber im Schulhaus achtlos weggeworfen wird, ist bereits stark reduziert.