Eine Delegation der Siegfried-von-Vegesack-Realschule hat die finnische Partnerschule besucht und lernt von einer der führenden Bildungsnationen im pädagogischen Alltag. Zur inzwischen schon dritten Begegnung mit der finnischen Rajakylä-Schule aus der nordfinnischen Stadt Oulu brach eine Gruppe von drei Lehrkräften aus Regen in den Herbstferien auf. Lernten die Regener bei ihrem letzten Besuch im Jahr 2019 hauptsächlich noch neu über Lernräume nachzudenken, waren nun pädagogische Konzepte im MINT (Mathematik-Informatik-Naturwissenschaft-Technik)-Bereich auf dem Programm.
Chinesisch-Kurs an der Realschule
(Bayerwald-Bote) Seit nun zwei Wochen trifft sich eine bunt gemischte Gruppe an Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften am Nachmittag in der Siegfried-von-Vegesack-Realschule, um einen Einblick in die chinesische Lebensart, Kultur und Sprache zu bekommen. Für dieses Ziel hat sich Greta Brock, Leiterin eines Übersetzungsbüros aus Drachselsried, zur Verfügung gestellt, die über Jahre hinweg in China gelebt hat und auf profunde und abwechslungsreiche Art und Weise ihr Wissen und ihre Begeisterung weitergibt. So lernen die Beteiligten nicht nur Schriftzeichen in der Theorie kennen, sondern malen diese auch mittels Kalligraphiesets auf spezielles Papier.
Sehr interessant sind auch chinesische Namen, die alle deutschen Teilnehmer bekommen haben. Hier wird ein Element des deutschen Namens mit Eigenschaften, die dieser Person zugesprochen werden sollen, kombiniert. Letztlich geht es auch bei dem Kurs an der Realschule um ähnliche Ziele wie bei der Teilnahme am „Erasmus+“-Programm: Offenheit für Neues, die Bereitschaft, über den Tellerrand hinauszusehen. Denn immer mehr mittelständische Firmen in der Region haben Kontakte und Geschäftsbeziehungen zu China und sind froh, Mitarbeiter zu finden, die durch ihre Offenheit, Neugier und Sprachkenntnisse helfen können, diese zu vertiefen.
„Uns geht es an der Schule um die Förderung unser Schüler“, sagt Schulleiter Alexander Reimer. „Für die Probleme der Schwächeren wird zum Beispiel durch die Leseförderung schon viel getan.
Doch auch die Starken haben jetzt eine weitere Möglichkeit, sich neue Ziele zu setzen.“
Realschule Regen im Rahmen des Erasmus+-Programms zu Gast im finnischen Oulu
Mit ungewohnten Temperaturen sahen sich drei Mitglieder der Siegfried-von-Vegesack-Realschule auf ihrer Reise in die finnische Universitätsstadt Oulu konfrontiert. Grund des EU-geförderten Besuchs war das Schulentwicklungsziel der weiteren Verbesserung der Unterrichtsqualität durch Lernen von anderen in Europa. Um nicht mit leeren Händen in das Land der Topplatzierungen in Studien wie PISA zu kommen, brachten die Regener ihr Leseförderkonzept mit, das in Finnland auf sehr großes Interesse stieß. Zunächst stand aber ein Besuch im Forschungszentrum für Lern- und Erziehungstechnologie (LET) der Universität Oulu auf dem Programm. Dort werden Lehrkräfte für das erfolgreiche finnische Schulsystem in Sachen Digitalisierung ausgebildet. Beeindruckend waren insbesondere die Variabilität der Lernräume und der Schwerpunkt der finnischen Lehrerausbildung auf der Anleitung zum Selbermachen der Schülerinnen und Schüler – sei es bei einfachen Mathematikaufgaben, in musi-schen Fächern oder bei komplexen Robotikwettbewerben. Auch der Ablauf von Vorlesungen und Seminaren ist für deutsche Besucher erst einmal ungewohnt: Die Räume sind offen, es gibt unterschiedlichste Sitzgelegenheiten, jeder darf so lernen, wie es für ihn am bequemsten ist. Man fühlt sich eher wie in einem Café als in einer Uni.
In den folgenden Tagen konnten Besuche der Rajakylä-Schule in Oulu organisiert werden. Dort angekommen fiel der Regener Delegation zunächst auf, dass die meisten Schülerinnen und Schüler selbst bei -10 Grad mit dem Rad kommen und in der Schule auch von den Älteren nur Socken getragen werden. Das macht es auch im Winter möglich, dass man sich überall auf den Boden setzen oder legen und lernen kann. Auch hier sind die Kinder sehr frei in der Wahl des Lernortes und der Lernpositionen. Die Unterrichtsstunde dauert 75 Minuten, was das Durchführen von kooperativen Arbeitsformen zeitlich ungemein erleichtert. Insgesamt ist die Atmosphäre entspannter, es gibt mehr Wechsel im Unterrichtsverlauf.
Man hat den Eindruck, es geht mit dem Lernstoff langsamer voran als in Bayern, aber die Kinder beschäftigen sich „tiefer“ mit der Materie und „erfahren“ den Lernstoff. Besonders beeindruckend waren Kooperationsformen im Mathematikunterricht einer „Learning-by-doing“-Klasse: Zunächst wurde allein mit Setzkästen gearbeitet, dann war die Lösung des nächsten praktischen Problems nur mit dem Partner, dann nur mit der Gruppe und zuletzt mit Hilfe der ganzen Klasse möglich, was ohne dass die Lehrkraft auch nur einmal organisatorisch eingreifen musste, zu einer gemeinsamen Begeisterung der Klasse für Multiplikation führte, welche für den deutschen Betrachter zumindest ungewohnt ist.
Aufsehen erregte auch ein im Lehrerzimmer gefeierter Geburtstag, bei dem es eine herzhafte Rentiertorte zu verkosten gab. Doch nicht nur der Unterricht war interessant für die Niederbayern. Eine Sekretärin sowie der Konrektor der Realschule hatten sich ebenfalls auf den Weg gemacht, um einen Einblick in die finnische Schulverwaltung und -organisation zu bekommen. Gerade dieser Austausch führte zur Erkenntnis, dass die Systeme nicht so verschieden sind und auch die Finnen etwas vom bayerischen System lernen können. Am letzten Besuchstag an der Schule konnten die Regener dann noch eine Live-Demonstration ihres Lesediagnostikprogramms mit Blickbewegungsmessung geben, was auf so großes Interesse stieß, dass die finnischen Lehrkräfte spontan beschlossen, dass sie Regen im Rahmen einer Fortbildung besuchen müssen, was dann auch im Januar realisiert wird. Durch eine intensive Diskussion wurden Entwicklungsmöglichkeiten des Programms in Finnland und Deutschland besprochen.
Aus dem Gespräch heraus kam die Idee auf, Kontakt mit einem finnischen Start-Up aufzunehmen, welches die an das Regener Programm anschließende individuelle Förderung einfacher gestalten kann. So schloss ein Besuch des ebenfalls in Oulu ansässigen Unternehmens und eine Fahrt nach Rovaniemi an den Polarkreis den Besuch der Regener Realschule in Oulu ab. Mit im Gepäck haben die Teilnehmenden ein Menge an gewinnbringenden Ideen für die eigene Schule und das Angebot für eine längerreichende Partnerschaft einer der innovativsten finnischen Schulen.
EU-Förderantrag im Rahmen des Erasmus+-Programms hatte Erfolg
(Bayerwald-Bote) Schulen haben seit jeher unter anderem die Aufgabe, junge Menschen auf die Welt von morgen vorzubereiten. Diese Welt wandelt sich gegenwärtig unter dem Einfluss der Digitalisierung sehr rasch. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sein Leben lang an nur einer Arbeitsstelle arbeitet, wird immer geringer, die Verfügbarkeit und die Fülle von teils auch ungefilterten Informationen nimmt rasant zu. Auf all diese Veränderungen muss Schule reagieren. Oftmals werden dann Forderungen nach immer besseren Medienausstattungen an Schulen laut, die allerdings ohne pädagogisch-didaktische Konzepte zwar schön und bunt, aber im Ergebnis per se nicht lernwirksam bei den Schülerinnen und Schülern sind. Es geht eher darum – um ein Bild zu gebrauchen – der Titanic einen neuen Kurs zu geben als auch noch den letzten Deckchair mit einer multimedialen Vollausstattung zu versehen.
Um diesem Schulschiff einen neuen Kurs zu geben, hat sich die Realschule Regen in diesem Bereich einem anderen Weg verschrieben: Gute Medienausstattungen in den Bereichen, die Lernwirksamkeit versprechen, aber vor allem die Entwicklung eines didaktisch/pädagogischen Konzepts, welches den rasch veränderten Anforderungen der Zeit genügt und die Entwicklung einer starken Persönlichkeit, welche flexibel auf die Änderungen der Zeit reagieren kann, fördert.
Um dieses Ziel zu erreichen, muss man allerdings eine Vorstellung davon bekommen, welche Modelle sich bewährt haben und wo es Evidenz aus dem Forschungsbereich für die Wirksamkeit von schulischen Maßnahmen gibt. In der Europäischen Gemeinschaft gibt es einige Länder, die diesen Weg bereits seit einiger Zeit erfolgreich gehen. Von den Schulen dieser Länder möchte die Siegfried-von-Vegesack Realschule lernen und hat deshalb einen Antrag an die EU im Rahmen des Erasmus+-Programms gestellt. Das eingereichte Konzept wurde als derart wirkungsvoll und durchdacht befunden, dass es nun durch erhebliche Mittel aus der EU gefördert wird. Die Förderung ist dabei ähnlich wie im Studierendenbereich, in dem das Erasmus-Programm größerer Bekanntheit erlangt hat. Doch auch für den Schulbereich werden Auslandsaufenthalte von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern gefördert.
Kernpunkte des nun erfolgreichen Antrags der Regener Schule waren jeweils die Übernahme der Kosten von Aufenthalten von kleinen Gruppen von Lehrkräften in verschiedenen Ländern, die aufgrund ihrer herausragenden Leistungen in OECD-Vergleichsstudien als Zielländer des Regener Antrags ausgesucht wurden. So haben nun einige Lehrkräfte im kommenden Schuljahr die Möglichkeit, Estland zu besuchen, das sich im Bereich des Einsatzes von modernen Medien und der Vereinfachung der Verwaltung durch Digitalisierung einen Namen gemacht hat. Die Regener werden dort an mehreren Schulen zu Gast sein und Kontakte knüpfen. Ein weiteres Ziel ist Finnland, das in vielen Schulvergleichsstudien bewiesen hat, dass sein Bildungssystem eines der leistungsfähigsten der Welt ist. Durch den Besuch einiger Schulen und der Universität in Oulu wollen sich die Lehrkräfte der Realschule auf den neuesten Stand bringen, was differenzierendes und individualisierendes Lernen angeht.
Schließlich wird auch ein Aufenthalt in Irland bezuschusst, der zu einer Weiterentwicklung der Sprach- und Leseförderung an der Schule führen soll. In allen drei Ländern soll es zu einem längerfristigen Austausch und der Schaffung eines Netzwerks kommen. Dieses Netzwerk soll nach und nach über die europäischen Grenzen erweitert werden, den Schülern Türen öffnen und die Offenheit und Stärke ihrer Persönlichkeit fördern.







